„Tokyo Vice: An American Reporter on the Police Beat in Japan“ (383 Seiten, von Jake Adelstein in 2009)
„Beat reporting“ wird in den USA die journalistische Arbeitsweise genannt, bei der Reporter einen ganz bestimmten Schwerpunkt zugewiesen bekommen, diesen über Jahre betreuen und so in den Organisationen und Firmen, über die sie berichten, im besten Fall immer mehr und immer bessere Quellen und Zugänge aufbauen. Mein früherer Chef bei BuzzFeed News, Ben Smith, ist ein großer Fan des aggressiven „beat reportings“ und da ich viel auf Bens Empfehlungen gebe, habe ich mir „Tokyo Vice“ besorgt, ein autobiographisches Buch des amerikanischen Reporters Jake Adelstein, der jahrelang für Japans größte Zeitung Yomiuri Shimbun über Verbrechen berichtet.
Adelsteins größte Recherche und damit auch der Einstieg des Buches ist eine Konfrontation mit dem vielleicht wichtigsten Mafia-Boss Japans – aber so dramatisch der Einstieg in das Buch auch ist, so vielschichtig geht es danach weiter. Bis es zur Konfrontation kommt, beschreibt Adelstein in „Tokyo Vice“ über 300 Seiten seinen Aufstieg in der japanischen Zeitung Yomiuri Shimbun, seine ersten kleineren Recherchen, seine Erlebnisse als Reporter im Rotlicht-Milieu, seine privaten Probleme, die die Arbeit mit sich bringt – und die vielen Konflikte, die er als amerikanischer Polizeireporter mit der japanischen Journalismuskultur bekommt.
Ich habe in diesem Buch viel über ein offenbar doch ziemlich unterschiedliches Journalismus-Verständnis in Japan gelernt (oder zumindest den Redaktionen, in denen Adelstein vor 15 Jahren gearbeitet hat) – und über die Macht und Struktur der japanischen Mafia (Yakuza).
Das Buch gibt es auch auf deutsch unter dem Titel: „Tokyo Vice: Eine gefährliche Reise durch die japanische Unterwelt.“ Im vergangenen Jahr hat HBO das Buch als Serie verfilmt.
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Vielen Dank, viel Spaß beim Lesen und auf bald
Daniel
(PS: Hier findet Ihr nochmal ein paar Worte über die Idee dieses Newsletters und was Euch in den kommenden Ausgaben erwarten wird.)